Hanvon zieht sich aus Deutschland zurück
Die Konzentration auf dem E-Reader-Markt setzt sich fort. Zum 01. November hat Hanvon seine deutsche Präsenz aufgegeben – damit verschwinden auch die durchaus interessanten Lesegeräte des chinesischen Unternehmens aus dem Handel. Wer ist der nächste?
In aller Stille hat Hanvon seine deutsche Niederlassung geschlossen. Die Website von Hanvon Deutschland verweist für Support auf die Hauptseite hanvon.com, die deutsche Hilfeseite soll "noch eine gewisse Zeit verfügbar sein".
Gründe für den Rückzug aus Deutschland gibt Hanvon nicht an, er hat sich aber abgezeichnet – die Chinesen hatten schon lange keinen großen Vertriebspartner mehr hierzulande. Die durchaus attraktiven Hanvon-Reader wurden weitgehend über kleinere Online-Shops und über Amazon verkauft. Das war in der Vergangenheit anders: Der Fünf-Zoller Hanvon N516 wurde im Frühjahr 2010 von Weltbild ins Sortiment genommen – zum damaligen Kampfpreis von 149 Euro, 30 Euro günstiger als das jeder andere in Deutschland erhältliche E-Ink-Reader (Testbericht auf lesen.net).
Hanvon-Reader auf der BILD-Titelseite
Auch der Hanvon N518 fand einige Verbreitung. der Wörterbuchverlag Langenscheidt versuchte damit sein Glück im E-Book-Markt und brachte den Reader (mit abenteuerlicher Benutzerführung über rund zwei Dutzend haptische Tasten plus Touchscreen) als Hexaglot N518 unter die Leute . Der Hanvon N518 schaffte es sogar auf die Titelseite der BILD-Bundesausgabe – verantwortlich dafür war eine gemeinsame Verlosungsaktion von BILD und Libreka, der E-Book-Plattform des Börsenvereins.
Zuletzt sorgte Hanvon Anfang dieses Jahres mit der Ankündigung für Schlagzeilen, zusammen mit Qualcomm den ersten E-Book-Reader mit Mirasol-Farbdisplay auf den Markt zu bringen – auf der CES war sogar ein Prototyp zu sehen. Die Mirasol-Entwicklung wurde zwischenzeitlich stillgelegt, und auch für Hanvon geht es nun zumindest in Deutschland nicht mehr weiter.
Abstieg von Hanvon durch Amazon und iPad
Die Zeiten haben sich geändert: Gab es 2010 noch einen sehr heterogenen deutschen E-Reader-Markt ohne große Preisbrecher, hat sich Amazon zwischenzeitlich mit hochwertigen und aggressiv bepreisten Lesegeräten nebst lukrativem E-Book-Ökosystem einen großen Teil des Marktes einverleibt. Auch das iPad hat Hanvon stark zugesetzt: Die hervorragende Handschrifterkennung der Chinesen ist heute kaum mehr von Relevanz, weil zum Schreiben und Bearbeiten von Texten eher zum Tablet als zu technisch limitierten Lesegeräten gegriffen wird.
Kobo als erster Amazon-Konkurrent?
Wie viele E-Reader-Hersteller (beziehungweise Marken) langfristig neben Amazon überleben können, bleibt abzuwarten. Sony hat gerade erst horrende Verluste vermelden müssen und wird sicherlich die eine oder andere unprofitable Sparte auf den Prüfstand stellen, Pocketbook und iRiver sind mangels eigenem E-Book-Vertrieb auf die Gunst (und die Margen) des Handels angewiessen. Die besten Karten hat wohl noch Kobo, deren Konzernmutter Rakuten blendend dasteht und offensichtlich große Ambitionen im E-Book-Markt hegt.
<via Forum>
Kommentare
Wolfgang0704 10. November 2012 um 07:46
Danke für den Artikel und die Hintergrundinformationen – ich hatte gar nicht gewusst, dass Hanvon auch bei Mirasol drinsteckte. Ich find’s schade, dass sie es hier nicht geschafft haben. Die Geräte waren durchdacht, aber viel Neues kam ja nicht mehr.