Kobo Aura H2O im Test [+ Video]
1430x1080px auf 6,8 Zoll (265ppi) mit E-Ink-Carta-Technologie, wasserdicht nach IP67: Die Spezifikationen des Kobo Aura H2O stechen hervor. Das Preisschild allerdings auch. Ob das XL-Lesegerät die verlangten 70 Euro Aufpreis zum Kindle Paperwhite 2 (50 Euro zum Tolino Vision) wert ist? Wir haben den ersten deutschsprachigen Testbericht zum ab Oktober erhältlichen eBook Reader.
Optik und Haptik
Anders als zuletzt Pocketbook, das sein neues Topmodell Ultra in ein runderneuertes und Aufsehen erregendes Gehäuse steckte, bleibt sich Kobo bei der Designsprache treu. Auf den ersten Blick ist der Kobo Aura H2O kaum von seinem direkten Vormodell, dem Kobo Aura HD, zu unterscheiden.
Auch der Kindle Paperwhite 2 könnte als kleinerer Modellbruder durchgehen, beide Geräte haben ein ähnlich proportioniertes schwarzes Gehäuse ohne Tasten auf der Vorderseite. Der Eindruck ändert sich beim Blick auf die Rückseite, wie beim Vormodell Kobo Aura HD ist diese leicht gewellt. Die Unebenheit ist jetzt allerdings weit weniger ausgeprägt und außerdem asymetrisch. Kobo gab an, die Rückseite des Kobo Aura HD sei geknickten Buchseiten nachempfunden – davon ist jetzt selbst mit viel Fantasie nichts mehr zu erkennen.
Wohl nicht zuletzt dank der überarbeiteten Rückseite ist der Kobo Aura H2O merklich dünner als der HD (9,7 statt 11,7mm) und bringt außerdem nur noch 233 Gramm statt 250 Gramm auf die Waage. Damit ist das Gerät zwar immer noch etwas fülliger und schwerer als Sechs-Zoll-Lesegeräte (Kindle Paperwhite 2: 206 Gramm), bei der Benutzung fällt das aber kaum auf. Insgesamt liegt der Kobo Aura H2O sehr angenehm in der Hand, dank des nicht zu schmalen seitlichen Rahmen findet auch der Daumen der Lesehand eine sichere Ablage.
microSD-Kartenslot und microUSB-Anschluss sind hinter einen kleinen Klappe platziert, die bündig mit dem Gehäuse abschließt. Das sieht klasse aus, ist in der Handhabung aber etwas fummelig. Beim HD lagen die Ports noch offen. Es handelt sich um ein Zugeständnis für Wasser- und Staub-Schutz, laut Benutzerhandbuch muss die Abdeckung vor einem Tauchgang geschlossen sein.
Etwas unerwartet verfügt der Kobo Aura H2O nicht über eine durchgehende Frontverglasung. Immerhin hat Kobo dieses zuvor nur von Tablets und Smartphones bekannte Merkmal mit seinem Kobo Aura auch bei dedizierten Lesegeräten salonfähig gemacht. Während Aura und auch der Tolino Vision eine plane Front haben, ist beim Kobo Aura H2O das Display leicht ins Gehäuse eingelassen.
Einen kleinen Abzug gibt es für das Gehäusematerial. Obwohl matt, bilden sich bei Benutzung gut sichtbare Fingerabdrücke auf der Vorderseite. Beim Kindle Paperwhite 2 und auch beim Tolino Vision sind diese Gebrauchsspuren weit weniger auffällig. Anders als das Vormodell, das auch mit weißem Gehäuse erhältlich war, gibt es den Aura H2O übrigens nur noch im branchenüblichen schwarzen Gewand.
Zubehör
Ausgeliefert wird der Kobo Aura H2O in einer simplen Box aus Pappe. Neben dem Lesegerät befindet sich ein USB-Kabel mit Kobo-Branding, eine Schnellstart-Anleitung und die obligatorische Garantiekarte im Karton. Das vollständige Handbuch ist im Gerätespeicher, ein Netzteil muss bei Bedarf separat erworben werden.
Technik
Das Highlight des Kobo Aura H2O ist zweifelsohne sein Display, ein seitlich beleuchteter 6,8″ E-Ink-Bildschirm mit 1430x1080px Auflösung. Damit ist der Kobo Aura H2O neben seinem Vormodell Kobo Aura HD der schärfste derzeit erhältliche eBook Reader. Aktuelle Sechs-Zoller kommen "nur" auf 215ppi (1024x758px).
Der Kobo Aura H2O ist das erste Lesegerät von Kobo mit einem E-Ink-Panel der Carta-Generation und das vierte insgesamt neben Kindle Paperwhite 2, Tolino Vision und Pocketbook Ultra.
Hardwareseitig steckt im Kobo Aura H2O eine flotte 1-GHz-CPU. Der interne Speicherplatz beträgt 4 Gbyte (ab Werk 3,2 Gbyte frei für Inhalte) und ist mittels microSD-Karte um bis zu weitere 32 Gbyte erweiterbar.
Das Gerät versteht sich mit allen üblichen Textformaten (epub und pdf auch mit Adobe DRM), nicht jedoch mit solchen von MS Office. Ebenso wenig werden Audiodateien unterstützt, folglich gibt es auch keinen Kopfhörerausgang.
Der Kobo Aura H2O ist IP67-zertifiziert, das heißt staubdicht und "geschützt gegen zeitweiliges Untertauchen". Auf dem Papier muss das Lesegerät eine halbe Stunde bei einem Meter Wassertiefe überleben, wobei Wasser nicht gleich Wasser ist. Im Benutzerhandbuch warnt Kobo vor dem Kontakt mit allem außer Süßwasser. Kommt das Gerät mit Salzwasser oder seifigem Wasser in Berührung (Schwimmbad, Badewanne, Strand, …), sollte es laut Handbuch gründlich mit Süßwasser ausgespült werden.
Software, Arbeitsgeschwindigkeit
Beim ersten Gerätestart werden Nutzer mit der freundlichen Aufforderung zur Registrierung oder zum Einloggen begrüßt – ohne Kobo-Account ist der Kobo Aura H2O nicht nutzbar. Im Hintergrund sychronisiert Kobo später fleissig Notizen und Anmerkungen, aber auch das persönliche Leseverhalten. Der Preis von vernetztem Lesen.
Die Firmware mit ihrer schicken wie funktionalen Kachel-Optik kennt man von vorigen Kobo-Lesegeräten. Mittels Pocket auf anderen Geräten gespeicherte Inhalte lassen sich mit einem Tap auf den Aura H2O synchronisieren. Größere eBook-Bibliotheken können in "Sammlungen" organisiert werden, außerdem stehen diverse Sortierungsmöglichkeiten zur Auswahl.
Die starke Hardware und das nach vielen Entwicklungsjahren ausgereifte Betriebssystem machen sich in Form einer exzellenten Arbeitsgeschwindigkeit bemerkbar. Hänger oder Ladezeiten gibt es kaum, wozu auch der Touchscreen beiträgt, der schnell auf Eingaben reagiert. In drei Tagen "normaler" Nutzung wurden wir mit keinem einzigen Absturz konfrontiert (das Pocketbook Ultra war im gleichen Zeitraum zweistellig).
Lesen
Bei der Textanzeige stehen 10 Schriftwarten und 24 Schriftgrößen zur Auswahl, da sollte für jeden etwas dabei sein. Ansonsten lassen sich wie beim Vormodell weitere Schriftarten nachinstallieren. Weiterhin können Randgröße und Zeilenabstand reguliert werden, außergewöhnlich ist die Einstellung der Schriftstärke in zahlreichen Abstufungen (siehe Video). Was nach wie vor fehlt und einige Lesefreunde sicherlich schmerzlich vermissen, ist die Option zur Textanzeige im Querformat. Sie lässt sich nur mittels alternativer Firmware nachrüsten.
Mangels haptischer Blättertasten wird ausschließlich über den Touchscreen geblättert, was im Test sehr zuverlässig funktionierte. Die Touch-Zonen können angepasst werden, default wird auf dem rechten Drittel vor- und auf dem linken zurückgeblättert. Die Blättergeschwindigkeit ist auf Augenhöhe mit dem Kindle Paperwhite 2. Innerhalb von epub-Dateien kann mittels schnellem Tappen auch schnell vorgeblättert werden.
Schreiben, Arbeiten, PDF
Text kann markiert und mit Notizen versehen werden, die dann geräteübergreifend synchronisiert werden. Wörterbücher gibt es 20 an der Zahl, sie sind bei Bedarf nachzuinstallieren
Bei der PDF-Anzeige kommt dem Kobo Aura H2O sein großes Display zugute, schon auf 100 Prozent sind Inhalte erkennbar größer als auf 6″ Lesegeräten. Das Vergrößern von und die Navigation in PDF-Dokumenten geht flink von der Hand (siehe Video), kein Vergleich etwa zum Pocketbook Ultra.
Umso bedauerlicher ist die funktionale Limitierung: Cropping, einrastende Zoomstufen, PDF Reflow, selbst Pinch-to-Zoom – alles Fehlanzeige (von Querformat ganz zu schweigen). Außerdem könnte die Vergrößerung auf maximal 300 Prozent bisweilen nicht ausreichend sein. Klar: PDF-Lesen auf dedizierten Lesegeräten ist grundsätzlich nur ein Notnagel. Etwas mehr Optionen würden wir uns aber gerade bei größeren Lesegeräten dann aber doch wünschen – Sony zeigt seit Jahren, was hier möglich ist.
Display, Beleuchtung
Lesen auf dem Kobo Aura H2O ist ein Genuss, anders kann man es nicht sagen. Schon bei ausgeschalteter Beleuchtung ist das Panel sehr hell und der Kontrast entsprechend hoch, bei hochgeregeltem Licht (klappt optional über eine Fingergeste, siehe Video) kann man dann wirklich von einem papierweißen Hintergrund sprechen. Die Beleuchtung ist sehr ausgewogen und neutral, ab einer leicht nach unten gekippten Haltung zeichnet sich ganz unten ein Leuchtstreifen ab – hier sind die LEDs untergebracht.
Schrift ist tief dunkel und knackig scharf, hier macht sich die im Vergleich zu Sechs-Zollern gut 25 Prozent höhere Auflösung deutlich bemerkbar. Unter dem Strich hat Kobo mit dem Aura-H2O-Panel sein bisheriges Meisterwerk abgeliefert – für uns auch herstellerübergreifend die neue Referenz im E-Ink-Bereich.
eBooks kaufen, Cloud, Apps
Integriert ist der eBook Store von Kobo, wo viele Millionen eBooks zum Download bereitstehen. Im englischsprachigen Bereich ist Kobo seit jeher exzellent sortiert und preislich durchaus konkurrenzfähig zu Amazon, bei deutschen eBooks klaffen aber Lücken im Sortiment(mehr dazu: eBooks kaufen (Infoseite)). Zwar hat Kobo vor einigen Monaten endlich einen Distributionsdeal mit der Verlagsgruppe Holtzbrinck eingetütet und verkauft damit jetzt auch die lange schmerzlich vermissten eBooks von Droemer Knaur, Rowohlt, S. Fischer & Co. Für Titel aus der zweiten und dritten Verlagsreihe muss aber immer noch zu anderen Stores ausgewichen werden, was dank Adobe-DRM-Unterstützung immerhin "nur" ein Komfort-Problem ist.
Kobo leistet sich außerdem den Luxus eines eigenen epub-Standards ("kepub"). Dabei handelt es sich de facto um epub-Dateien mit einigen zusätzlichen Codeschnipseln. Sie können zwar auch auf Tolino Vision & Co. gelesen werden, allerdings bleiben einige Formatierungen auf der Strecke.
Bei Kobo gekaufte eBooks landen automatisch in der Kobo Cloud und werden darüber geräteübergreifend synchronisiert. Anders als die Clouds von Tolino und Amazon lassen sich bei Kobo keine eigenen Dateien hinzufügen – schade. Fürs geräteübergreifende Lesen stellt das Unternehmen Apps für alle gängigen Plattformen zur Verfügung, hinter Amazon ist Kobo seit jeher quantitativ wie qualitativ die klare Nummer 2. Die Entwicklung eigener Tablets wurde wie berichtet jüngst zugunsten der Konzentration aufs App-Ökosystem aufgegeben.
Fazit
Das Display des Kobo Aura H2O begeistert: Hohe Kontraste mit wie ohne Beleuchtung, eine gleichmäßige Ausleuchtung und einzigartig scharf – für uns die neue Referenz. Gegenüber dem Vormodell Aura HD hat Kobo auch sonst an den richtigen Stellschrauben gedreht und das Gerät merklich verschlankt, womit hier der Abstand zur Sechs-Zoll-Klase geschrumpft ist. Der Kobo Aura H2O liegt gut in der Hand und macht einen wertigen Eindruck. Die IP67-Zertifizierung ist definitiv ein Bonus, der praktische Nutzen variiert naturgemäß von Nutzer zu Nutzer. Die Betriebsgeschwindigkeit ist gut, die Anpassungsoptionen innerhalb von epub-Dateien vielfältig, …
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…, aber lückenhaft. Stichwort: Querformat. Die PDF-Optionen sind ausbaufähig, ebenso das Sortiment im Kobo Store – hier wird offensichtlich, dass Kobo international aufgestellt ist und die Zahl der deutschen Mitarbeiter an ein bis zwei Händen abgezählt werden kann. Der Registrierungszwang ist unschön, ebenso der Hang des Gehäuses zur Sammlung von Fingerabdrücken. Die Beschränkung der Wasserdichtheit auf klares Süßwasser sollte man im Hinterkopf haben – wenn der Kobo Aura H2O etwa einen Besuch in der schäumenden Badewanne nicht überlebt, gibt es keine Garantieansprüche.
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Das Display ist zweifelsohne die wichtigste Komponente eines eBook Readers, und hier sucht der Kobo Aura H2O schlicht seinesgleichen. Auch die Firmware ist ausgereift und funktional (von den erwähnten Unzulänglichkeiten abgesehen), als größter Minuspunkt im Praxiseinsatz dürfte sich noch der ausbaufähige Store erweisen.
Unter dem Strich steht von unserer Seite eine klare Kaufempfehlung für den Kobo Aura H2O, vorausgesetzt, man kann sich mit dem gegenüber Sechs-Zollern etwas größeren Formfaktor anfreunden. Hinzu kommt natürlich die Frage nach dem Budget: Für 50 Euro (Tolino Vision) beziehungsweise 70 Euro weniger (Kindle Paperwhite) gibt es auch bei der Konkurrenz sehr gute Lesegeräte, das ist schon ein heftiger Aufpreis für ein vergleichsweise kleines Plus an Lesekomfort. Angesichts dessen wird der Kobo Aura H2O wohl primär in die Hände von Viel-Lesern gehen, die bei ihrem Hobby den Euro nicht zweimal umdrehen und schlicht die beste eBook-Anzeige haben wollen.
- Kobo Aura H2O vorbestellen bei Redcoon (MediaMarkt/Saturn)
- Kindle Paperwhite 2 bei Amazon.de
- Tolino Vision bei derclub.de (Bertelsmann)
- Alle Testberichte von lesen.net im Überblick
Kommentare
Kobo Aura H2O: Wasserdichter eReader mit 6,8 Zoll HD-Display in Deutschland – Lohnt sich der Kauf? | eBook-Fieber.de 3. Oktober 2014 um 11:47
[…] bei Kobo nutzen kann – dort wird dann von Kobo das persönliche Leseverhalten mitgeschrieben, wie ein Tester moniert. Ganz klar nicht positiv ist auch der hohe Preis von 179 Euro. Abzuwarten bleibt daher, wie sich […]
Zusammenfassung der letzten Wochen | Bennis Welt 1. November 2014 um 15:52
[…] habe meinen E-Book-Reader (Kobo Glo) gegen einen Aura H20 getauscht. Echt krass was 2 Jahre Entwicklung für Fortschritte bringen. Ich hoffe bald einen […]
[Update: Gewinner] Gewinnspiel: 3x Kobo Aura H2O » lesen.net 24. November 2014 um 14:43
[…] ausgeleuchtet und macht einfach Spaß, nicht ohne Grund nannten wir das Aura-H2O-Panel in unserem Testbericht “ganz klar die neue […]
Händler-Trends: Google und Apple boomen, Kobo verliert » lesen.net 26. März 2015 um 16:39
[…] Kobo im Jahr 2014 eingestellt. Im E-Reading-Bereich gab es 2014 mit dem Kobo Aura H2O nur ein zwar qualitativ herausragendes, aber mit 180-Euro-Preisschild für die breite Masse deutlich zu teures neues […]
Kobo Glo HD im Test [+Video] » lesen.net 16. April 2015 um 18:44
[…] Beim Kobo Glo HD kommt die gleiche Firmware zum Einsatz wie bei allen anderen aktuellen Kobo-Lesegeräten. Darum zitieren wir im Folgenden in teilweise aus unserem Testbericht zum Kobo Aura H2O. […]