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Lesen mit dem Apple iPad – ein Leidensbericht

Inhaltsverzeichnis

ipad-ibooks-reading[Gastkommentar von unserem Leser Dominik] Seitdem ich zur Anwendungsentwicklung ein iPad zur Verfügung bekommen habe, sehe ich nichts, womit das iPad den Literatur- und Magazinmarkt verändern / verbessern / weiterbringen könnte. Das liegt an vielen Aspekten; nachfolgend zwei besonders Gravierende.

Das Display

zz7401-27-10ipade132b0Das Display geht extrem auf die Augen. Ich arbeite den ganzen Tag an Computern, gelegentlich 24 Stunden und mehr am Stück, ohne dass mir das viel ausmacht. Ich bin also an Bildschirme gewöhnt. Das Display des iPad finde ich aber bereits nach einer halben Stunde extrem anstrengend. Wenn ich einen Text darauf lese, sogar noch früher. Ich kann aber nicht genau sagen, woran das liegt. Ich habe verschiedene Helligkeiten probiert, das ändert nicht viel. Das Display sieht im Vergleich zu meinem Netbook grobpixeliger aus, obwohl beide eine fast gleiche Größe und einen vergleichbaren dpi-Wert haben. Das Netbook hat sogar ein minimal größeres Display und damit einen etwas schlechteren (grobpixeligeren) dpi-Wert, tatsächlich aber sieht das iPad-Display gröber aus.

Wenn das Gerät nicht von Apple, sondern von irgendeinem chinesischen Hinterhofbastler (nichts gegen chinesische Hinterhofbastler) wäre, würde ich bezweifeln, dass es überhaupt die angegebene Auflösung hat. Aber egal, die gröbere Optik ist, glaube ich, nicht der Grund dafür, dass es so auf die Augen geht. Für einen Comic mag das egal sein, da die Texte nur kurz sind. Ein Magazin, in dem die Artikel im Schnitt eine A4-Seite füllen, möchte ich auf dem Display nicht lesen.

Die Ergonomie

Es ist mühsam, das Gerät zu halten oder zu positionieren. So mühsam, dass man schon nach kurzer Zeit die Lust daran verliert. Das Gerät zu halten (wie ein Buch) ist aufgrund des Gewichtes – bzw. vielmehr die Hebelwirkung durch die Größe in Verbindung mit dem Gewicht – kein Vergnügen. Es scheint naheliegend, auf dem Sofa mit angewinkelten Beinen zu sitzen und das Gerät auf die Oberschenkel zu legen. Mit einem Notebook, das sich weit aufklappen lässt (annähernd 180°) kann man so extrem entspannt sitzen, denn man muss nichts halten.

ipad-haltenBeim iPad allerdings muss man das Gerät halten, sonst rutscht es bis auf das Becken runter und ist so zu tief (beim Notebook ist unterm Display noch die Tastatur, die es auf angenehmer Höhe hält). Nun ist diese Art es zu halten grundsätzlich weit weniger anstrengend, als es komplett frei zu halten. Aufgrund des Touchscreens bzw. des geringen inaktiven Rahmens um den Screen herum, sind die Möglichkeiten zum Abstützen aber sehr eingeschränkt. Es endet entweder darin, dass man es mit beiden Händen abstützt oder mit einer Hand in sehr verkrampfter Haltung.

Ein Maus-Arm ist/war eine seltene Randerscheinung, der iPad-Arm wird eine neue Volkskrankheit. Nun hat man das iPad zwar schon abgestützt, wenn es im Raum jedoch hell ist oder man etwas helles angezogen hat, dann muss man nun noch den Winkel der Beine verändern (was dann nicht unbedingt noch angenehm ist, weil man ständig die Muskulatur anspannen muss, damit die Beine nicht ganz wegrutschen) oder das iPad doch wieder mit den Händen halten, um den gewünschten Winkel zu erreichen. Ansonsten sieht man in erster Linie Spiegelungen oder Fingerabdrücke.

ipad-presse-1Es einfach auf den Tisch zu legen geht nicht, dann sieht man auch wieder entweder nur Spiegelungen oder Fingerabdrücke (die sieht man übrigens viel stärker als beim iPhone/iPod Touch). Man muss also etwas unterlegen. Nun probiert man erstmal verschieden dicke Gegenstände aus, bis man den richtigen Winkel gefunden hat. Einfach nur etwas Anwinkeln geht nämlich wegen Spiegelungen oder Fingerabdrücken nicht, es muss schon exakt der richtige Winkel sein. Nun bleibt das iPad aber nicht in dieser Position, sondern es rutscht mangels gummierter Rückseite einfach weg. Man muss also eine Hand oder irgendwas schweres davorlegen, damit es bleibt, wo es bleiben soll. Nun kann man endlich lesen – aber nur so lange, bis man seine Lage etwas verändern möchte.

Nebenbei: man kann auf dem iPad keine großen PDFs oder Bilder öffnen. Ich wollte mehrere PDFs um 15 MB herum öffnen, das wurde mit einem Speicherfehler verhindert. PDFs unter 10 MB ließen sich öffnen. Wo genau hier die Grenze liegt habe ich nicht getestet, spielt aber keine Rolle, denn 15 MB ist für ein PDF mit vielen Seiten und ein paar Bildern/Skizzen nicht viel (wenn man auf den Bilder auch was erkennen können soll), und daher ist diese Beschränkung ein Witz.

ipadiphotoAuch große Bilder (ab 4,5 Megapixel) können nicht vernünftig angezeigt werden, es wird dann nur ein Bild von extrem geringer Auflösung (ich vermute die Vorschaugrafik aus dem JPEG), hochgezogen auf die eigentliche Größe des Bildes, dargestellt. Es war in diesem Fall ein Panoramabild (ca. 900×4800 Pixel) und ich habe nicht probiert, ob das Problem auch bei herkömmlicheren Seitenverhältnissen besteht, ich vermute aber schon. Das Problem wird, wie bei den PDFs, der Speicher sein. Unkomprimiert (wie es vom Prozessor verarbeitet wird) ist so ein 4,5 Megapixel Bild nämlich ca. 13 MB groß.

Ursprünglich veröffentlicht bei Mobileread. Reprint mit freundlicher Genehmigung des Autors.

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