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Sonntagsfrage: Hersteller des Jahres 2013

Selten war so viel Bewegung auf dem eBook-Reader-Markt wie in diesem Jahr. Mit der Tolino-Allianz hat sich ein neuer Player aus dem Stand heraus zum Amazon-Verfolger Nummer eins aufgeschwungen. Aber auch dahinter tat sich einiges – die Wahl zum "Hersteller des Jahres" ist da keine leichte.

Ende 2012 drohte die große Langeweile: Amazon hatte mit dem Kindle Paperwhite gerade seinen ersten eBook Reader mit integrierter Beleuchtung auf dem Markt gebracht, hinzu kam ein einmalig weitläufiges Ökosystem und ein reich befüllter eBook Store. Sony als langjähriger schärfster Rivale hatte mit dem PRS-T2 eine kaum veränderte Neuauflage des Vorjahresmodells herausgebracht, insbesondere die fehlende Beleuchtung enttäuschte. Konkurrenten wie Kobo (Glo) und Bookeen (HD Frontlight; wurde bei Thalia verkauft) hingegen waren hardwareseitig zwar nicht weit weg vom Kindle Paperwhite, hatten aber kaum Marktpräsenz und häufig auch eine schlechte Abstimmung zwischen Lesegerät und Shop.

Gut ein Jahr später sieht die digitale Lesewelt schon ganz anders aus. Amazon hat infolge von Presseberichten über schlechte Arbeitsbedingungen viel von seinem einstmals makellosen Image einbüßt. Mit der Tolino-Allianz, einem weltweit einmaliger Zusammenschluss der größten Buchhandelsketten, hat sich ein mächtiger Rivale praktisch aus dem Nichts herausgebildet. Und dahinter machen Anbieter wie Kobo und Pocketbook mit innovativen Geräten und Anbindungen auf sich aufmerksam.

Wie immer habt ihr die Wahl. Die Kandidaten:

Amazon

Kindle Paperwhite

Kindle Paperwhite

Alles aus einer Hand: Der US-Händler bastelt fleissig weiter daran, sich nicht nur zur ersten, sondern zur einzigen Anlaufstelle für haptische und digitale Produkte jeder Art zu machen. Ein Teil des Konzeptes sind eBook Reader und Tablets allererster Güte, die stark subventioniert abgegeben werden.

Der neue Kindle Paperwhite, den Amazon seit Oktober ausliefert, steckt im Gehäuse des Vormodells und ist auch sonst eher Evolution als Revolution. Die wenigen Neuerungen können sich aber sehen lassen: Als einziger derzeit erhältlicher eBook Reader verfügt der neue Kindle Paperwhite über ein E-Ink-Carta-Panel, das höhere Kontraste und kürzere Reaktionszeiten hat als die E-Ink-Pearl-Bildschirme der Konkurrenz. Mit Pageflip kann spielend einfach innerhalb eines Buches geblättert werden, Cloud-Sammlungen erleichtern die Sortierung. US-Kindles bekamen außerdem eine Goodreads-Integration, womit die Entdeckung von und der Austausch über eBooks noch komfortabler passiert.

Mit den Kindle HDX hat Amazon außerdem zwei neue Premium-Tablets im Portfolio, deren Displays die Geräte von Google und Apple in den Schatten stellen. Der alte Kindle Fire HD wird zum Schnäppchenpreis abgegeben, mit seiner virutellen Währung will Amazon den Einkauf im hauseigenen App Store noch schmackhafter machen.

Überhaupt ist Amazon viel mehr als nur die Geräte. Im Kindle eBook Store gibt es zahlreiche exklusive Titel, über Preisaktionen werden selbst 20 Jahre alte Bücher in digitaler Form plötzlich wieder 10.000-fach verkauft. An Amazon führt für Verlage kein Weg vorbei – weil der Online-Händler den Kunden seit jeher in den Vordergrund rückt und es Interessierten schwermacht, der schönen (aber zutiefst abgeschotteten) Kindle-Welt fernzubleiben.

Tolino (Weltbild, Thalia, Hugendubel, Bertelsmann, Telekom)

Tolino Shine

Tolino Shine

Kommen die Chefs der beiden führenden deutschen Buchfilialisten und Manager eines Medienkonzerns und eines TK-Unternehmens in eine Pressekonferenz … was Michael Busch (Thalia), Carel Halff (Weltbild) & Co. dann in Berlin vorstellten, war aber alles andere als ein Witz. Nach mehr oder weniger erfolgreichen eigenen Projekten – Thalia vor allem mit seinem Oyo, Weltbild mit Billig-Geräten von Trekstor – schlossen sich die führenden Buchhandelsketten zu einer einzigartigen Allianz zusammen, um Amazon Paroli zu bieten.

Erstes Produkt dieser Zusammenarbeit war der noch im März in den Handel gekommene Tolino Shine, ein zum Kampfpreis von 99 Euro in den Handel gebrachter Leucht-Reader. Hardwareseitig von Beginn an absolut konkurrenzfähig, hinterließ die unfertige Firmware den Eindruck eines Schnellschusses. In den neun Monaten seit dem Verkaufsstart war die Telekom als Technologiepartner aber nicht untätig, wie unser am Freitag veröffentlichter neuerlicher Test beweist. Seine Kinderkrankheiten hat der Tolino Shine abgelegt, das Gerät ist jetzt auf Augenhöhe mit Amazon.

Der Allianz-Gedanke geht aber über die reine Hardware hinaus, das beweisen Bibliotheksverknüpfung, gemeinsam produzierte Werbespots & Co. Bei Shops und App-Ökosystem haben die Alliierten noch einige Arbeit vor sich, aber: es wird. Auch die im Oktober vorgestellten Tolino Tablets (der Sieben-Zoller liegt auf unserem Schreibtisch, ein Testbericht folgt in Kürze) sind eine spannende offene Alternative zur geschlossenen Kindle-Plattform und zeigen: Die Tolino-Allianz nimmt den Kampf an.

Kobo

Kobo Aura

Kobo Aura

Der kanadisch-japanische E-Reading-Spezialist steht Amazon technisch in Nichts nach – im Gegenteil. Mit dem Kobo Aura HD hat man im diesjährigen Weihnachtsgeschäft das schärfste Lesegerät in seinen Reihen (das wir aktuell übrigens 3x verlosen), mit dem Kobo Aura einen stylischen Sechs-Zoller mit durchgehendem, tablet-ähnlichen Panel und extrem kleinem Fußabdruck.

Die Leistungsfähigkeit der Firmware mit vielen Social-Reading-Features ist top, ebenso das App-Ökosystem. Auch die Kobo Arc Tablets sind absolut auf Augenhöhe mit den Geräten von Amazon und Google. Größte Schwäche von Kobo in Deutschland ist sicherlich der Mangel eines starken Partners – durch die Bildung der Tolino-Allianz sind viele potenzielle Vertriebskanäle dicht. Auch der eBook Store und allgemein das Thema Lokalisierung haben 2014 noch Luft nach oben.

Sony

Sony Reader PRS-T3

Sony Reader PRS-T3

Zu Beginn des E-Reading-Zeitalters führte an Sony kein Weg vorbei, nicht umsonst war das Unternehmen euer Hersteller des Jahres 2010. Im damaligen Weihnachtsgeschäft waren die Top-Geräte Sony Reader Pocket Edition und Sony Reader Touch Edition restlos vergriffen.

Abgesehen vom WLAN Modul brachten die Geräte vor drei Jahren ähnliche Features mit wie der aktuelle Sony Reader PRS-T3, womit das Problem von Sony eigentlich schon hinreichend beschrieben ist. In den USA hat Sony schon kapituliert und verkauft den PRS-T3 gar nicht mehr, in Deutschland versucht man es mit dem PRS-T3S inzwischen stark über den Preis.

Auch ohne Beleuchtung haben die Sony Reader aber eine Fangemeinde, und das nicht ohne Grund: Die Firmware ist umfangreich und nach vielen Entwicklungsjahren sehr stabil, zahlreiche integrierte Wörterbücher und die beste PDF-Lesbarkeit im Markt sind weitere Boni. Und der Sony eBook Store wurde gerade erst von der c’t zum bestsortierten deutschen E-Buchladen gekührt. Die Japaner jetzt schon abzuschreiben, wäre also zweifellos verfrüht.

Pocketbook

Pocketbook Touch Lux

Pocketbook Touch Lux

Im Mai dieses Jahres sprang auch euer Hersteller des Jahres 2009 auf den Leucht-Reader-Zug. Das Pocketbook Touch Lux hat Kopfhöreranschluss und Text-To-Speech-Funktion, außerdem Blättertasten sowie eine sehr anpassbare Firmware. In unserem Test offenbarte das Gerät einige etwas schwachbrüstige Systemkomponenten und eine schlechte Shopintegration, trotzdem erfreut sich das Touch Lux zurecht vieler Anhänger.

Mit dem Pocketbook Color Lux verkauft Pocketbook als erster eBook-Reader-Hersteller hierzulande in größerem Rahmen ein Lesegerät mit E-Ink-Farb-Panel. Die Innovation ist zu loben, aufgrund von hohem Preis und dunklem, kontrastschwachen Bildschirm ist es aber derzeit noch eher eine Technikdemonstration als ein ernsthafter Rivale für Tablets. Trotzdem: Der erste Schritt ist gemacht.

Das gilt auch für Kooperation mit dem Buchhandel – Pocketbook-Geräte sind die erste Wahl vieler unabhängiger Buchhandlungen, die Filialisten Osiander und Mayersche verkaufen das Gerät mit eigenem Branding. Zur Weihnachtszeit gibt es das Pocketbook Touch Lux sogar als Limited Edition in einer Holzkiste. Man darf gespannt sein, was sich die Ukrainer für 2014 einfallen lassen.

Trekstor

Trekstor Pyrus 2 LED

Trekstor Pyrus 2 LED

Auch ohne Weltbild als Vertriebspartner (zuletzt Weltbild eBook Reader 4) mischt Trekstor eifrig im E-Reading-Markt mit. Der seit einigen Wochen erhältliche Trekstor Pyrus 2 LED ist der derzeit günstigste Leucht-Reader und das erste Trekstor-Gerät mit E-Ink-Display. Die sonstige Ausstattung ist allerdings eher mager (kein Touchscreen, kein WLAN, …). Und im Tablet-Bereich ist Trekstor als Produzent des Bild Tablets und der Tolino Tabs (!) ohnehin kaum wegzudenken. Wer für kleines Geld solide Geräte will, ist bei den Hessen an einer guten Adresse.

Bookeen

Der E-Reading-Pionier Bookeen ist einer der großen Verlierer des digitalen Lesejahres. Mit Thalia ist den Franzosen der wichtigste hiesige Vertriebspartner abhanden gekommen, der neue Hardware-Hoffnungsträger Cybook Ocean wurde nicht rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft fertig und soll erst 2014 erscheinen.

txtr

txtr Beagle

txtr Beagle

txtr hat es tatsächlich geschafft und den auf der Frankfurter Buchmesse 2012 vorgestellten txtr Beagle in diesem Frühling in den Handel gebracht. Nachdem der 2009 präsentierte txtr Reader immer wieder verschoben und letztlich wohl stillschweigend begraben wurde, haben wir das ehrlich gesagt nicht für möglich gehalten.

Ein Erfolgsmodell war der Fünf-Zoller, der seinen Inhalt als per Bluetooth von Smartphones und Tablets übertragen bekommt, für den Hersteller wohl nicht. Die in Aussicht gestellten Kooperationen mit Mobilfunkunternehmen blieben aus, zuletzt wurde die Hardware unsubventioniert für 20 Euro verramscht (ursprünglich 60 Euro).

Wer ist dein Hersteller des Jahres 2013?

  • Tolino-Allianz (32%, 110 Votes)
  • Pocketbook (29%, 99 Votes)
  • Amazon (17%, 59 Votes)
  • Kobo (13%, 45 Votes)
  • Sony (8%, 29 Votes)
  • txtr (0%, 1 Votes)
  • Trekstor (0%, 0 Votes)
  • Bookeen (0%, 0 Votes)

Total Voters: 328

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Die Umfrage läuft eine Woche (15.12. 16:00 Uhr), anschließend präsentieren und kommentieren wir wie gewohnt die Ergebnisse in einem weiteren Artikel. Vielen Dank fürs Mitmachen!

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Kommentare


Tolino-Allianz ist Hersteller des Jahres 2013 » Debatte » lesen.net 15. Dezember 2013 um 18:16

[…] ist dein Hersteller des Jahres 2013″, fragten wir vergangene Woche an dieser Stelle. 328 Lesefreunde beantworteten die Frage – vielen Dank […]

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