iRex DR800S im Test (+HD-Video)
Erstmals auf der Frankurter Buchmesse einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt, ist der neue Business-Reader vom holländischen Marktpionier iRex vor einigen Wochen in zwei verschiedenen Ausführungen in den Handel gekommen. Wir haben das EU-Modell iRex DR800S genauer unter die Lupe genommen.
Der Acht-Zoller wird unter diesem Namen seit Ende Januar in acht europäischen Ländern verkauft. Bei unseren Nachbarn auch im stationären Handel erhältlich (in Holland etwa bei MediaMarkt), ist der DR800S hierzulande momentan "online only". Unser Testsample stammt von digital-readers.de, wo das Lesegerät zur unverbindlichen Preisempfehlung von knapp 500 Euro über den virtuellen Ladentisch geht.
Gegenwärtig nur in den USA (und zeitnah wohl auch in Kanada) zu haben ist das Schwestermodell iRex DR800SG, in dem abweichend ein UMTS-Modem verbaut wurde. Über das Mobilfunknetz von iRex' US-Partner Verizon kann das Lesegerät so wireless mit digitaler Literatur aus dem eBook-Shop von Barnes & Noble oder mit Periodika von NewspaperDirect.com/PressDisplay befüllt werden. Paradoxer Weise ist der iRex DR800SG trotz erweiterter Funktionalität mit $399 (295 Euro + Steuer) deutlich günstiger als das UMTS-lose Schwestermodell.
Optik, Haptik, Zubehör
Die gesamte Frontpartie des iRex DR800S – E-Ink Display, Gehäuse, Tasten – ist in klassischem Office-Grau gehalten. Für einen Farbtupfer sorgt lediglich eine Status-LED, die blau (beim laden) oder grün (beim rechnen) aufleuchtet. Der Plastikrücken des Readers wurde anthrazit coloriert.
Der 8,1″ große Bildschirm ist zentral platziert und von einem nur schmalen Rahmen umgeben. Auf der linken Seite wurde eine kombinierte Wipp-Taste verbaut, über welche ein großer Teil der Navigation erfolgt. Darunter platzierte iRex noch eine Sekundärtaste zum Aufruf von Kontextmenüs, die bei Bedarf ebenfalls noch mit dem linken Daumen erreichbar ist. Das Lesegerät lässt sich somit auch einhändig nutzen, was auf Dauer angesichts von 360 Gramm Gewicht (210g mehr als 5″ Devices wie Cybook Opus/Pocketbook 360°) aber etwas ermüdend ist.
Zum Preis von 500 Euro inklusive ist eine etwas labbrige Lederhülle, an der sich auch Halterungen für den großzügig dimensionierten Stylus befinden. Für einen richtigen Einband müssen bei Bedarf noch einmal 35-70 Euro hingelegt werden.
Außerdem gibt es ein Netzladegerät und ein USB-Kabel zur Verbindung des Readers mit PC/Mac; das Handbuch liegt nur in elektronischer Form bei. Bereits "vorinstalliert" ist eine 2 Gbyte MicroSD-Karte, deren Steckplatz sich hinter einer mit Kreuzschraube gesicherten Klappe verbirgt und die somit nicht ohne weiteres unterwegs ausgetauscht werden kann – für die von iRex anvisierte Zielgruppe Geschäftsleute ebenso ärgerlich wie der fehlende USB-Host Anschluss zur mobilen Verbindung mit einem USB-Stick.
Technik
Unter einem konventionellen E-Ink Display (16 Graustufen/768x1024px) wurde ein Wacom-Touchscreen verbaut, der ausschließlich mit dem beiliegenden elektromagnetischen Stylus bedient werden kann.
Funktional konzentriert sich der iRex DR800S aufs Wesentliche: Features wie einen MP3-Player, einen Kalender oder ein integriertes Wörterbuch sucht man vergebens. Abseits der reinen Textanzeige ist lediglich ein Image-Viewer erwähnenswert, der mit gängigen Bildformaten zurecht kommt.
An Textformaten unterstützt der iRex DR800S pdf und epub (auch mit Adobe-DRM) sowie das proprietäre B&N-Format .pdb, nicht aber .htm/l oder MS-Office Dateien – gerade letzteres ist für Business-Reader eigentlich ein Must-Have. Vor der Anzeige eines Word-Dokuments steht beim Acht-Zoller also die Umwandlung ins pdf-Format.
Vorinstalliert ist der PressReader von NewspaperDirect, über den mehr als 1.500 verschiedene Zeitungen und Zeitschriften – aus Deutschland Titel wie MoPo, Tagesspiegel oder das Kicker Sportmagazin – auf dem iRex DR800S gelesen werden können. Der Bezug erfolgt via Monatsabo (meist $9,99) oder im Einzelkauf ($0,99), die Dateien können direkt über den Browser geshoppt und auf den eBook Reader "exportiert" werden. Die Anzeige von Periodika ist gelungen umgesetzt (vgl. unsere Preview zur Buchmesse), das allmorgendliche kabelgebundene Übertragen vom PC/Mac nervt aber – wirklich nutzbringend ist eine solche Funktion nur, wenn die Lektüre wireless aufs Gerät gepusht wird.
Usability
Navigiert werden kann sowohl über die seitlichen Tasten als auch mit dem Stylus, was in beiden Fällen gut und flüssig funktioniert. Die Menüs wissen mit verschiedenen Anzeige- (Cover, Liste) und Sortieroptionen (nach Titel, Autor, Datum, zuletzt geöffnet) zu gefallen, Befehle werden vom Device recht zügig angenommen und umgesetzt. Lediglich bei vergrößerten pdf-Dateien sowie bei Nutzung der Suchfunktion ist ein wenig Geduld mitzubringen.
Text und Menüs können um 90° (also ins Querformat), aber nicht um 180° gedreht werden. Das ist schade, ließe sich die Steuerungswippe mit der rechten Hand doch mindestens genauso gut bedienen. Trotzdem sollte der Acht-Zoller gleichmaßen etwas für Rechts- wie für Linkshänder sein.
Lesen & Arbeiten
Die Textanzeige auf dem angenehm großen E-Ink Display ist scharf und kontrastreich, Blättern dauert nur einen Tick länger als beim Primus Amazon Kindle 2. Was iRex bereits an Features implementierte, hat Hand und Fuß – zu kritisieren ist einzig (und im besonderen Maße), wie kurz die Funktionsliste momentan ist.
So ist der DR800S derzeit noch ein reines Textanzeigegerät: Die Markierung/Kopie von Textstellen ist ebenso wenig möglich wie die Anlage von Notizen im Text oder auch in einer seperaten Datei – Funktionen, die bei einem Reader dieser Anwendungs- und Preisklasse an sich Standard sind und selbst der 200 Euro günstigeren Sony Reader Touch Edition nicht fehlen.
Einen Teil der vermissten Eigenschaften verspricht iRex mit einem Ende April erwarteten Firmware-Update nachzurüsten. Auch dann werden handschriftliche Notizen aber offenbar nicht exportierbar sein; weiterhin fehlen Dictionary, Bildschirmtastatur und viele weitere nützliche Anwendungen auf der 2do-Liste.
Fazit
Der iRex DR800S muss und möchte mehr sein als ein Lesegerät: Schon über den Preis ist der Reader de facto nur eine Option für Geschäftsleute, die mit dem Acht-Zoller dann auch arbeiten wollen. Während die wertige und schnörkellose Verarbeitung, das exzellente Display sowie eine intuitive Bedienung diesem Anspruch bereits gerecht werden, macht die Firmware einen noch sehr unfertigen Eindruck und lässt selbst viele Basisfunktionen vermissen.
Hardwareseitig war die Platzierung des Speicherkartenslots an unzugänglicher Stelle eine schlechte Idee, auch ein USB-Host hätte dem Reader gut zu Gesicht gestande. Der totale Verzicht auf jegliche Wireless-Schnittstellen lässt den iRex DR800S zudem mächtig veraltetet erscheinen – das Quasi-Vormodell iRex iLiad Gen2 hatte schon vor drei Jahren ein WLAN-Modul (und übrigens auch einen MP3-Player) an Bord.
Unterm Strich ist der iRex DR800S alles andere als ein schlechter eBook Reader: Lesen auf dem großen und klaren 8,1″ Display macht Spaß, der Unterschied zur 6″-Klasse ist hier doch deutlich. Trotzdem fällt der Reader dank des cleveren Steuerungskonzepts recht kompakt und mit 360 Gramm auch relativ leicht aus – der txtr Reader etwa bringt nur 40 Gramm weniger auf die Waage.
Funktional ist der iRex DR800S aber noch äußerst unfertig und angesichts des Datenblatts natürlich viel zu teuer. Die (wohlgemerkt unsubventionierte) Bepreisung des 800SG in den Vereinigten Staaten zeigt, wieviel Luft nach unten iRex beim DR800S noch hätte – für 500 Euro werden die Holländer trotz des in Europa momentan deutlich höheren Preisniveaus bei geringerem Wettbewerb mit Sicherheit nicht viele Einheiten loswerden.
Wer am iRex DR800S Interesse hat, eine Kreditkarte sein Eigen nennt und mit ein bisschen Aufwand im Garantiefall leben kann, sollte eine Bestellung des US-Modells (z.B. bei Bestbuy) über einen Dienstleister wie USunlocked ins Auge fassen. Inklusive Versand, Vermittlungsgebühren und Steuer/Zoll dürfte der Gesamtpreis bei knapp unter 400 Euro liegen; auf die UMTS-Funktion muss hierzulande allerdings so oder so verzichtet werden.
Kommentare
JohnS 14. März 2010 um 18:18
Für mich wäre das Gerät das beste überhaupt, und der Preis auch angemessen, hätte das Gerät die Software und die Funktionen von Pocketbook.
Schade dass es nicht so ist.
Bigboo73 14. März 2010 um 23:07
tja wenn man mit dem wacom Stift keine bilder und PDFs mit notizen versehen kann ist das ziemlich schwach. Das kann ich zwar mit meinem Hanvon N518 auch (noch) nicht aber der kostet auch nur 270Euro.
Dafür habe ich aber ne richtige Notizfunktion und kann HTML und Word Dateien lesen, was mir auch ziemlich wichtig ist.
Das schlimme ist dass das der Iliad alles konnte! Hier drängt sich mir der Gedanke auf das man die "alten" Geräte hochpreisig halten will und deshalb bewusst Funktionen weglässt. Schade nur das die Konkurrenz nicht mitspielt ;)
Das verschmelzen von Notizen und PDF könnte man auch auch am PC lösen.
Micro M 15. März 2010 um 14:30
Hier noch ein paar Anmerkungen meinerseits:
Der iRex kann nicht ausschließlich mit dem beigefügten Stylus betrieben werden sondern mit irgendeinem Wacom Pen. (Ich habe ein Wacom Tablett und bediene meinen Boox 60, der (jeah, sagen wir es geradeheraus – spitze ist) mit meinem Wacom Pen wenn ich am PC sitze.
Unmöglich ist auch die fehlende PDF Zoom – Funktion beim iRex (Da gibt es aber noch mehr PDF Funktionen die der nicht hat wie z.B. Selection Zoom).
Meine Empfehlung: vergesst es, dem iRex nachzujammern ! (Ich habe es selber lange genug getan)
Ich finde, der iRex lässt sich am ehesten mit einer rassigen Blondine mit sonst keinerlei Vorzügen vergleichen. Mit der wird man auf dauer auch nicht glücklich, weil zur Alltagstauglichkeit einfach noch so viel mehr gehört !
Simon 22. Juli 2010 um 09:11
Was ist eigentlich bei iRex los? Man bekommt die Geräte kaum und die Meinungen sind so unterschiedlich. Ich will endlich einen vernünftigen 8 oder 10 Inch Reader, da mir der 505er von Sony echt zu klein ist für PDFs :( Schade, dass der eigentlich spannende Markt so träge anzieht.
HArald 30. August 2010 um 12:11
Hat schon jemand probiert ein Software Update auf ReleasCandidate 2.0 durch zu führen?
http://i-to-i.irexnet.com/2010/06/30/release-candidate-3-software-available-for-dr800sg-and-dr1000s/
Ist das update leicht zu installieren?
Kann man den RC3 für 2.0 schon benutzen?
Sind damit die Probleme behoben (Notizen und Kommentare in PDFs)?
Ich hab den IRex Iliad und bin damit sehr zufrieden.
Am meisten nutze ich aber Notizen und Kommentare in PDFs.