Amazon Echo ernüchtert in erstem Test
"Der verrückteste, unzuverlässigste persönliche Assistent aller Zeiten" – Amazon wird sich den ersten Exklusiv-Test seines intelligenten Netzwerklautsprechers Amazon Echo sicherlich anders vorgestellt haben. Immerhin blitzte aber auch viel Potenzial auf.
Im November stellte Amazon völlig unerwartet den "Echo" vor, einen zylinderförmigen Lautsprecher mit viel integrierter Intelligenz. Das Gerät spielt auf Zuruf nicht nur Musik ab, man kann ihm auch persönliche Notizen diktieren oder ganz konkrete Fragen stellen ("Wie hoch ist der Mount Everest?", "Wie wird das Wetter morgen?" und dergleichen).
Anders als Apples Siri, Google Now und ähnliche Konkurrenzprodukte ist Amazon Echo permanent aufnahmebereit, der Stromversorgung über Netzteil sei dank. Außerdem bringt es mehr Intelligenz mit.
Lausige Spracherkennung, schlechter Lautsprecher, strukturelle Schwächen
Amazon Echo ist gegenwärtig nur in den USA zum Preis von 199 US-Dollar beziehungsweise 99 US-Dollar (Prime-Kunden) vorbestellbar, die Auslieferung ist fürs Frühjahr 2015 geplant. Offenbar exklusiv bekam die Fachseite The Verge von Amazon schon jetzt ein Testmuster gestellt. Im am Montag publizierten Video-Testbericht und im Artikel dazu (Intro rechts) wurde deutlich, dass Amazon noch viel Arbeit vor sich hat.
Redakteur David Pierce bemängelt eine ganze Reihe Punkte an seinem Testmuster, teils funktionaler, teils struktureller Natur. Das größte Problem ist eines, mit dem alle virtuelle Assistenzen zu kämpfen haben: Die Erkennung des Gesagten klappt nur unzuverlässig. Wenn Amazon Echo dann auch noch Musik spielt – ein für einen Netzwerklautsprecher nicht unübliches Szenario – ist es mit der Spracherkennung ganz vorbei. Pierce im Video: "In dem Moment, wo ich zwei Minuten lang 'Alexa: Volume 3' brüllte, als sie irgendwelche Musik abspielte, die sie bei Amazon Prime gefunden hatte, gab ich auf."
Viele Fragen würden außerdem gar nicht oder unvollständig verstanden. Dann müsse man auf die Alexa-App zurückgreifen, die es schon jetzt für iOS und Android gibt. Das funktioniere, führe aber das gesamte Alexa-Konzept ad absurdum.
Die Stromversorgung über Netzteil sei außerdem Fluch und Segen zugleich. Dadurch müsse man sich keine Gedanken über Akkuladezustände machen, könne den "Echo" aber nur in einem sehr begrenzten Radius nutzen. Eigentlich braucht man einen Amazon Echo für alle 2-3 Räume, sagte der Verge-Redakteur. Am nützlichsten habe sich Amazon Echo in der Küche erwiesen, wo das Gerät seine Stärken in der freihändigen Bedienbarkeit ausspiele (Kochen, Abwaschen).
Wenn das Gerät funktioniere, sei es faszinierend und wirklich nützlich, resümiert The Verge. Das sei aber noch viel zu selten der Fall. Für eine bloße Nutzung als Netzwerk- beziehungsweise Bluetooth-Lautsprecher sei das Gerät mit seiner dünnen Ausgabe nicht interessant. Abschließend kann sich derRedakteur die Anschaffung eines Amazon Echo gut vorstellen, allerdings definitiv nicht aus der aktuellen Generation.
Erinnerungen ans Fire Phone
Interessantes Konzept, aber noch nicht ausgereift – exakt das gleiche Fazit stand auch unter vielen Testberichten des Amazon Fire Phone. Nutzer sahen es ähnlich und griffen kaum zum ersten Smartphone von Amazon, miese Verkaufszahlen und eine radikale Reduzierung waren die Folge.
Wie auch beim Fire Phone wird Amazon auch mit seinem Echo einen langen Atem brauchen – und vermutlich auch haben, schaut man sich die Strategie des Unternehmen und seines visionären Gründers Jeff Bezos an. Allerdings scheinen die Aktionäre langsam die Geduld zu verlieren, statt immer neuer langfristiger Wetten würden sie gerne einmal wieder einen wirklichen Erfolg vermeldet bekommen.
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