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[Meinung] Paid Content: Macht zu die Tür!

Ein Kommentar von Steffen Meier

paid-contentVor wenigen Tagen fand in den Räumen der Münchner Buchakademie wieder ein Strategie-Gipfel statt, eine Art Trend- und Stimmungsbarometer deutschsprachiger Fachbuch-Verleger, dieses Jahr unter dem plakativen Slogan "Zur Kasse bitte!" Thema der Vorträge: Methoden zur Erlösgenerierung des eigenen hochwertigen Contents.

Die einzelnen Vorträge waren von gewohnter Eloquenz, da gibt es kein Meckern. Aber es gab eine interessante systemische Zweiteilung.

zeitung]Auf der einen Seite die klassischen Verlage, die durchaus funktionierende Paid Content-Modelle haben. Fairerweise muss man dazu sagen, dass diese oft (wie im Falle der Lebensmittelzeitung des Deutschen Fachverlags) schon immer so waren und eine klar abgezirkelte Business-to-Business-Klientel umfassen (wie auch am Beispiel des Otto Schmidt Verlags mit "seinen" finanziell potenten Juristen).

Angenehm auch das Gegenbeispiel von Horizont, bei denen dieses Modell nicht funktioniert hat. Grundlegendes Modell war aber weitgehend die 1:1-Adaption der Modelle aus der gedruckten Welt. Aber das war nun wirklich nichts Neues an Strategien. Nebenbei wurde noch etwas über Kundenbindung und "Club"-Gefühl fabuliert, etwa von Guardian-Mann Colin Hughes – interessanterweise vermied man den Begriff "Community", vermutlich kann den inzwischen eh niemand mehr hören.

Auf der anderen Seite aber Präsentationen von zwei Startups, die genau das nicht tun – Paid Content im klassischen Sinn anbieten. Im Gegenteil, sowohl bei PaperC als auch bei Statista liegt das Geschäftsmodell auf den Drumherumservices. PaperC stellt kostenlos (!) Fachbücher ins Netz und bietet sich als Kopierstation 2.0 den Studierenden an, Statista veredelt rohes Zahlenmaterial.

Natürlich läßt sich hier lange diskutieren, wo die feinen Unterschiede oder gar Überschneidungen liegen. Aber in Wahrheit würden die meisten Verleger doch aus vielerlei Gründen (gewohntes Geschäftsmodell, fehlende Ressourcen, Unsicherheit etc pp) am liebsten ihr tradiertes Printgeschäft 1:1 in Online übertragen. Da muss man nicht aus Stuttgart kommen, um zu sagen: "Das kann nicht funktionieren!"

Es gibt sogar eine ganze Menge schlauer Menschen, die daran Zweifel haben, zB Julius Endert kürzlich in dem schönen Artikel "Bezahlschranken und Netzstreifzüge passen nicht zusammen" (carta.info).

Hochgradig beleidigt ob der Tatsache, dass die Nutzer zu unwillig sind zu zahlen, spricht man lieber von einem Geburtsfehler des Webs, den man unbedingt korrigieren müsste. Aber jetzt nach Murdochscher Rüpelmanie über Aggregations- und Newsdienste im Web herzufallen, bringt einen nicht wirklich weiter – letzten Endes haben vor Jahren die großen Publisher ja genau das dankend angenommen. Und im Kern hat jener Google-Verantwortliche recht, der lapidar beschied, man müsse ja nicht teilnehmen.

Die Wahrheit liegt wieder da, wo sie immer ist: mitten im gesunden Menschenverstand. Es gibt natürlich keine Pauschalrezepte, auch wenn viele Verleger danach anscheinend dürsten, es hilft nur der harte Weg: Die eigene Zielgruppe und die eigenen Produkte genau anschauen und dann entscheiden, wo denn eigentlich der eigene und vielleicht (!) zu monetarisierende Mehrwert liegt.

Persönliche Fußnote: Vor noch gar nicht langer Zeit hielt sich der Schreiber dieser Zeilen in genau demselben Raum in München auf, umringt von Verlegern, die alle das Hohelied sangen von freien Inhalten, die Reichweite erzeugen, um dann Online-Marketing betreiben zu können. Nun – was gehen uns unsere Worte von gestern an…

<Foto Kiosk: Flickr>

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Kommentare


MTravellerH 20. Oktober 2009 um 14:59

PaperC’s Modell hat insofern wohl keinen Vorbildcharakter als die Zielgruppe eher klein ist. Zudem werden die Bücher zwar online bereitgestellt, der Download muss jedoch bezahlt werden!

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Mihai Eftimin 20. Oktober 2009 um 16:56

Ich hab mir das mal angesehen. Vorbildcharakter hat paperc schon, denn die machen das rechtlich einwandfrei in Kooperation mit den Verlagen. Das find ich schon ziemlich gut. Und vor allem kann ich das von überall machen und muß nicht mehr in die Bib latschen. MiE

Antworten

Steffen Meier 20. Oktober 2009 um 23:39

Nichts gegen das Geschäftsmodell von PaperC. Mich hat nur gewundert, wie (ganz gegen ihre Natur, möchte ich fast sagen) sich viele Verlage darauf stürzen – schon das kostenlose Lesen der Bücher im Web ist ja schon für viele Medienunternehmen normalerweise über der Reizschwelle.

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