Farbe: Bridgestone & E-Ink ernüchtern, Mirasol langweilt
Von einigen Herstellern schon für das vergangene Jahr in Aussicht gestellt, soll farbiges elektronisches Papier in 2011 nun endlich den lang erwarteten Siegeszug in der nach wie vor monochromen eBook Reader Welt antreten. Entsprechend hatten etliche Produzenten beim Branchentreff CES in Las Vegas ihre aktuellsten Prototypen im Gepäck. Die Ausstellung offenbart allerdings: So weit, wie die Industrie und einige Branchenexperten uns glauben lassen möchten, ist die Technik noch nicht entwickelt.
Die E-Ink Corporation, gegenwärtig klarer Marktführer und mit der neuesten Pearl E-Ink E-Paper Generation auch technologisch ganz vorne dabei, zeigte im März 2010 erstmals farbige Panels. Nun – zehn Monate später – erhoffte man sich in Las Vegas einen deutlich sichtbaren Entwicklungssprung zu den damals noch recht blassen und lahmen Prototypen. Tatsächlich konnte das amerikanisch-taiwanesische Unternehmen mit seinem farbigen E-Paper aber auch auf der CES nicht recht überzeugen.
E-Ink demonstrierte seine Technologie anhand eines großzügig dimensionierten Lesegeräts von Hanvon. Keine Überraschung: Der Hersteller hatte im Dezember durchsickern lassen, schon im ersten Quartal 2011 – also spätestens im März – ein dediziertes Lesegerät mit Farbdisplay (rechts im Bild) in den Handel bringen zu wollen. Doch das ausgestellte Sample dürfte die Vorfreude nicht gerade beflügelt haben: Die Farben wirken blass, die Bildaufbauzeiten sind selbst fürs Lesen von linearen Texten noch deutlich zu lang; ans Arbeiten mit oder das Schmökern in nativ großformatigen Dokumenten (zum Beispiel Hochglanzmagazinen), für die Farbdisplays eigentlich prädestiniert sind und die in der Regel regelmäßige Justierungen erfordern, ist bei so einem langsamen Bildaufbau nicht zu denken. Entsprechend hält Kollege Nate (The Digital Reader), von dem das nachfolgende Video stammt, selbst einen Verkaufsstart im Sommer für unrealistisch.
Nate fand ebenfalls deutliche Worte für das farbige E-Paper vom japanischen Mischkonzern Bridgestone, das wir an dieser Stelle schon vor anderthalb Jahr vorstellten. Der Entwicklungsstand sei "eine große Enttäuschung", fasst Nate seine Eindrücke von den auf der CES ausgestellten sogenannten QR-LPD Panels zusammen. Für ein seit vielen Jahren in den Entwicklungslaboren eines Großunternehmen voran getriebenes Produkt, welches schon"bald" in den (asiatischen) Handel kommen soll, ist die in Las Vegas ausgestellte Technologiedemo tatsächlich ernüchternd. Analog zu E-Ink sind die Kontraste schlecht, die Farben ausgewaschen, die Bildaufbauzeiten induskutabel.
Auch der US-Konzern Qualcomm verfolgt mit seiner beeindruckenden Mirasol-Technologie, deren Markteinführung ansich für Ende 2010 geplant war, ehrgeizige Ziele: Gerade erst nahm man eine Milliarde US-Dollar für eine Fabrik in Taiwan in die Hand, die vorläufig ausschließlich Mirasol-Displays fertigen soll. Die auf der CES erwarteten öffentlich gemachten Vertriebsvereinbarungen mit Herstellern – Pocketbook gilt als sicherer Kandidat, über Amazon wurde im vergangenen Jahr immer wieder spekuliert – blieb das Unternehmen aber schuldig; damit ist nach wie vor unklar, wann beziehungsweise im Verbund mit was für Lesegeräten die reaktionsschnellen und kontraststarken Panels endlich zu haben sein werden. Ein ziemlich offensichtlich vom iPad-Werbespot inspirierter neuer Promoclip (unten) entschädigt da wenig.
Damit scheint die Hybridtechnologie Pixel Qi das Rennen um die ersten multifunktional und auch zur Wiedergabe von farbigen Inhalten nutzbaren Devices mit (optional) augenschonenden Displays ohne Hintergrundbeleuchtung für sich zu entscheiden; während erste experimentelle Einbaukits hier schon seit dem Sommer erhältlich sind, konnte das Notion Ink Adam als erstes natives Pixel Qi Gerät die Fachwelt in Las Vegas von sich überzeugen. "Echtes" E-Paper ermöglicht noch längere Betriebszeiten bei gleichzeitig schlankeren Formfaktoren; bis Color E-Ink & Co. auch qualitativ eine wirkliche Alternative darstellen, scheint aber noch einige Zeit ins Land zu gehen.
Kommentare
Thomas Knip 11. Januar 2011 um 00:17
Danke für die Zusammenfassung. Das überrascht jetzt aber niemanden wirklich, oder?
Ich habe schon früh in 2010 prognostiziert, dass die ersten markttauglichen Geräte nicht vor Ende 2011 zu erwarten sein werden.
Schwarzweiß-eInk ist ja nach zwei Jahren nicht ausgereift, also würde ich dieselbe Verzögerung für Farbdisplays ansetzen.
Derzeit ist für Farbe LCD immer noch die beste Lösung (abhängig vom gewählten Display, z.B. iPad).
carokann 11. Januar 2011 um 00:20
Die Verbraucher tendieren zu günstigen Geräten wie dem kindle für 139 Dollar. Solange die Farbdisplays so teuer sind gibt es keinen Anreiz und kein Fenster in den Markt.
Ein Teufelskreis.
Schliesslich haben viele auch ipods et al und die sind halt für die Buntwäsche.
Timo 11. Januar 2011 um 07:03
Pff, echt enttäuschend. Aber guter Überblick, danke.
microm 11. Januar 2011 um 08:22
Wenigstens das mirasol Display sieht immer noch sehr gut aus – eigentlich sogar besser als bisher !!!
InCharade 11. Januar 2011 um 09:44
die videos vom notion ink adam haben mich nicht überzeugt. gute technik, jedoch eine wenig durchdachte oberfläche mit namen 'eden'. keine echte konkurenz für den paradiesvogel ipad. und dieses kommt bald in seiner zweiten generation.
qualcomm und e-ink wären gut beraten, ausgereifte produkte auf den markt zu bringen. alles andere bringt wirklich keine fortschritte bei der verbreitung der e-reader. bunt ja, aber bitte mit qualität.
alb 11. Januar 2011 um 14:42
danke für die zusammenfassung! die hoffnung, die ich bei mirasol habe, ist die, dass sie auf der ces deshalb keine partner präsentiert haben, weil sie sich exklusiv an apple gebunden haben und das ipad 2 endlich ein vernünftiges display… ach quatsch, ich sollte mal aufwachen.
R 11. Januar 2011 um 19:43
Der Hanvon ist schlecht, der Bridgestone eine Katastrophe.
Mirasol ist und bleibt die einzige vielversprechende Bildschirmtechnologie für farbige E-Reader.
Ich hoffe auf kompakte leichte Geräte außerhalb geschlossener Universen (Amazon, Apple…).
Samuel 11. Januar 2011 um 21:48
Mal ehrlich ich brauche keinen farbigen E-Reader, zumindest nicht unbedingt. Denke zur Zeit wird ein E-Reader vor allem für Romane und Facht/Sach-Texte benutzt. Farbe ist da zweitrangig…
Farbe braucht man für Comics, Zeitungen und Zeitschriften und die liest man ja nicht so intensiv, so dass dies auch am PC oder LCD-Gerät gut funktioniert..
Werde mir demnächst den Sony-Reader holen.. Und dann in 3-4 Jahren, wenn es wirklich gute Farb-E-Ink-Reader gibt, auf einen solchen umsteigen…
BigBadAndy 12. Januar 2011 um 15:49
Moin
ich sehe das ähnlich wie Samuel .
nen E-reader ist hauptsächlich für Romane da und wofür brauch da nen Farb-display.
Ich meine da kann ich dan schön in Farbe schwarze Buschstaben lesen .den Ausser den Covern is ja nichts in Farbe.
Im Prinzip brauch man das soch nur für Comics.
Gruss Andy
Timo 12. Januar 2011 um 18:55
… oder Zeitschriften, oder illustrierte Kinderbücher, oder Bildbände, oder Fachbücher mit Grafiken, oder Blogartikel mit Bildern, … Also ich bin jedenfalls scharf auf einem Farbreader oder ein Tablet mit sonnentauglichem Farbdisplay.
R 12. Januar 2011 um 20:14
genau da geh ich voll mit, Timo!
alb 13. Januar 2011 um 11:34
@R: ich denke nicht, dass man amazon und apple beim ebook-markt in einen topf (geschlossene universen) werfen kann. apple agiert bei den ebooks (wohl aufgrund seiner recht unbedeutenden marktposition) sehr offen und lässt auf dem ipad apps großer (kindle) und kleiner (txtr, textunes, etc.) contentanbieter zu. wenn das ipad 200g leichter wäre und ein display a la mirasol hätte, wäre das – bei gleichbleibender offenheit gegenüber drittanbieter-apps schon ein traum, denke ich.
aber eh ein hirngespinst: die setzen auf video-hd-entertainment-trallala und würden niemals ein display einbauen, das im hinblick darauf irgendwelche kompromisse bedeuten würde.
Farbige eBook Reader in Warteschleife » eReader » lesen.net 31. März 2011 um 17:49
[…] E-Paper wirken in der Praxis (zuletzt auf der CES Anfang des Jahres in Las Vegas) praktisch durchweg noch sehr verwaschen; die Reaktionszeiten erlaubten häufig nicht einmal […]